Planung Gesundheitsmanagement

Sie arbeiten in einem Pharma-Unternehmen und haben jetzt die Aufgabe, Konzepte zum Thema  neue Versorgungsformen  oder Gesundheitsmanagement  zur Unterstützung des Marktzugangs zu entwickeln.

Sie haben auch schon eine oder mehrere Ideen, und jetzt wollen und sollen Sie etwas daraus machen. Die Liste der Variablen und der Fragen, die zum Thema Gesundheitsmanagement geklärt werden müssen, ist zu diesem Zeitpunkt oft schon ziemlich lang.

Die Komplexität ist ein Aspekt, mit dem Sie leben müssen. Aber das sind Sie in Ihrem Beruf gewöhnt. Lassen Sie uns deshalb einfach darüber sprechen und es ein bisschen aufdröseln.

Unabhängig davon, ob Sie

  • erst einmal kurzfristig ein kleineres „Mehrwertprogramm“ zur Vertriebsunterstützung oder
  • ob Sie mittelfristig einen großen Wurf im Sinne eines neuen Geschäftsfeldes planen:

Die wesentlichen Überlegungen sind am Anfang immer die gleichen.

In diesem – wegen der Länge zweiteiligen – Artikel erhalten Sie einen Überblick über die nachfolgenden 6 Themen und im Text finden Sie gelegentlich auch gelb markierte Tipps für die Praxis.

Zu allen Punkten wird es später noch ausführlichere Artikel mit Praxisbeispielen geben. Aber hier erst mal der Überblick:

Teil I

  • Strategie: Warum die Entwicklung neuer Versorgungsformen und neuer Geschäftsfelder strategisch sinnvoll ist
  • Entwicklungsebenen: Auf welchen 3 Ebenen sich die Planung und Gestaltung neuer Versorgungsformen bewegt.
  • Positionierung: Warum Sie Ihr Unternehmen als gleichberechtigten Versorgungspartner im Gesundheitswesen etablieren wollen.


Teil II

  • Zielgruppe: Warum es strategisch sinnvoll ist, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen
  • Bedürfnisse (Needs): Weitere Stichpunkte für erste Planungen und wo man den Hebel ansetzen kann
  • Die Reise: Wie eine schrittweise Entwicklung vom „kleinen Mehrwertprogramm“ zu einem Geschäftsfeld „neue Versorgungsformen“ aussehen kann.

Ganz am Schluss finden Sie noch ein kurzes Fazit mit 6 Punkten, die Sie für den ersten Start durchgehen können.

Also, fangen wir an:


1. Strategie:

Warum die Entwicklung neuer Versorgungsformen und neuer Geschäftsfelder strategisch sinnvoll ist

 

Wettbewerb in der modernen Gesundheitswirtschaft


Ein wesentliches Merkmal moderner Gesundheitswirtschaft ist, dass es im Wettbewerb tendenziell nicht mehr ausschließlich um den Vertrieb von Produkten geht. Deswegen sind Sie wahrscheinlich bei Ihrer Stichwortsuche hier gelandet.
Der Mehrwert im Sinne von Know-how, Versorgungsqualität und Effizienz, den ein Unternehmen in das System einbringen kann, nimmt zunehmend Einfluss auf die Stellung im Markt – eine Tendenz, die sich in Zukunft noch verstärken wird.
Eine der Aufgaben vorausschauenden Managements ist es, sich proaktiv und gestaltend an dieser Marktentwicklung zu beteiligen.

Erweiterung des Marktzugangs durch besseres Verständnis


Was könnte Ihnen einen noch besseres Verständnis der Menschen ermöglichen, die letztlich darüber entscheiden wie und wann Ihre Produkte zum Einsatz kommen? Richtig: eng und gleichberechtigt mit ihnen zusammen zu arbeiten in einem gemeinsamen Projekt und auf ein gemeinsames Ziel hin. Genau diese Möglichkeit bietet Ihnen das Gesundheitsmanagement im Rahmen der neuen Versorgungsformen.

 

Jedenfalls liegt das Thema jetzt anscheinend auf Ihrem Schreibtisch, sonst hätten Sie eher schon bei der Inhaltsangabe aufgehört zu lesen.

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2. Entwicklungsebenen:

Auf welchen 3 Ebenen sich die Planung und Gestaltung neuer Versorgungsformen bewegt.

 

Gestaltungsraum


Der Begriff neue Versorgungsformen umfasst eine Vielzahlt von Versorgungsformen außerhalb der sogenannten Regelversorgung. Der Begriff existiert seit dem Jahr 2000, als die Integrierte Versorgung (§140 ff SGB V) eingeführt wurde. Die Disease Management Programme (DMP) zur Versorgung chronisch Kranker und Modellprojekte in verschiedenen Bereichen der Sozialversicherung gehören u.a. dazu, aber auch z.B. neue Arbeits- und Organisationsformen wie Medizinische Versorgungszentren (MVZ).

Der Gesetzgeber hat neue Formen ökonomischer Anreize ermöglicht, die es erlauben, außerhalb der relativ strengen sektoriellen und budgetären Grenzen der Regelversorgung mit dem Ziel der Effizienz- und Qualitätsverbesserung gestaltend tätig zu werden.
Verschiedene Ansätze erfordern unterschiedliche Vorgehensweisen.

Die grundsätzlichen Überlegungen beim Vorgehen sind jedoch immer ähnlich und adressieren:

Die drei wesentlichen Ebenen der Gestaltung:

 

Neue Versorgungsformen: Ebenen der Gestaltung
Neue Versorgungsformen: Ebenen der Gestaltung

 

(1) Basisebene: Versorgungsstandards und Leitlinien 

Die inhaltliche Versorgung der Patienten im Gesundheitswesen basiert grundsätzlich auf dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, das heißt auf den aktuell gültigen medizinischen und pflegerischen Versorgungsstandards und Leitlinien. Zu klären ist im ersten Schritt,

  • wie diese Vorgaben konkret definiert sind und
  • ob es hier schon offensichtliche Diskrepanzen zur Versorgungsrealität gibt.

Dazu eignet sich u.a. das Gespräch mit den medizinischen und ggf. auch pflegerischen Experten.

(2) Mittlere Ebene: Behandlungspfad

Der Behandlungspfad definiert, wie die Vorgaben aus den Leitlinien im Versorgungsalltag umgesetzt werden, das heißt:

  • was wird wann auf welcher Versorgungsebene getan,
  • wie wird der Patient durch dieses System geschleust,
  • wer ist wann und wofür verantwortlich?

Hier sind häufig Effizienz- und Qualitätsreserven zu finden. Die Ursachen für Defizite können

  • sowohl struktureller Natur sein (fehlende Infrastruktur, zu wenig Ärzte etc.) als auch
  • eine Folge von ökonomischen Fehlanreizen sein (getan wird, was vergütet wird).

Ein erster Schritt ist, gemeinsam mit den an der Versorgung Beteiligten, einen Behandlungspfad zu definieren, der die Vorgaben aus den Leitlinien erfüllt und die erkannten Qualitäts- und Effizienzreserven heben kann.

(3) Obere Ebene: Ökonomisches Modell

Im nächsten Schritt muss das ökonomische Modell, das heißt die Vergütung, so angepasst werden, dass – unter Berücksichtigung der gesetzlichen Möglichkeiten – die Vorgaben des verbesserten Behandlungspfades in der Praxis auch umgesetzt werden (können).

Eine Umsetzung in der Praxis wird nur gelingen, wenn der „Geldfluss“ der gewünschten Leistung folgen kann.

Einfaches Beispiel: wenn ein Arzt ökonomische Nachteile durch eine – medizinisch sinnvolle – Überweisung des Patienten zu einem Facharzt hat, wird die Einbindung des Facharztes zum gewünschten Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich, insbesondere wenn es um eine Vielzahl von Patienten geht.

 

Tipp:


3. Positionierung:

Warum Sie Ihr Unternehmen als gleichberechtigten Versorgungspartner im Gesundheitswesen etablieren wollen.

 

Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist das Ziel


Da Sie bis hierher gelesen haben, haben Sie auch schon gemerkt, dass es in diesem Blog nicht vorrangig um die Entwicklung kostenloser Give-Aways gehen wird. Sie wissen schon, die kleinen Add-ons und Gimmicks, die man kostenlos zusammen mit einem Produkt abgibt. Das haben Sie, bzw. Ihr Unternehmen, in der Vergangenheit schon oft gemacht und das hat natürlich nichts mit einer neuen Positionierung in einem sich verändernden Markt zu tun. Verstehen Sie mich nicht falsch: es spricht nichts dagegen – aber es zementiert Ihre derzeitige Positionierung und hat nicht viel mit einer Partnerschaft auf Augenhöhe zu tun.

 

Das bringen Sie mit


Die Pharmaindustrie verfügt über Expertise (indikationsspezifische Expertise, Managementexpertise, Analyseexpertise), die im restlichen Gesundheitssystem – also außerhalb der Grenzen Ihres Unternehmens – bisher wenig genutzt wird. Die Pharmaindustrie verfügt außerdem auch über Möglichkeiten, vorausschauend zu investieren und mit einem vernünftigen Business Case auch über einen mittelfristigen Zeitraum auf ein Break-Even hinzuarbeiten, was anderen Playern im System wesentlich schwerer fällt oder auch schlicht nicht möglich ist.
Somit ist Ihr Unternehmen in der Lage, die vorhandene Expertise und die Möglichkeiten der anderen Player im Gesundheitswesen sinnvoll zu ergänzen.

 

Voraussetzungen für die erfolgreiche Positionierung


Die Etablierung als gleichberechtigter Versorgungspartner im Gesundheitswesen gelingt dann, wenn durch die Beteiligung des Pharmaunternehmens ein qualitativer und ökonomischer Mehrwert ins Versorgungssystem gebracht wird, der ohne diese Beteiligung nicht zustande gekommen wäre.

Tipp:

  • Dieser Mehrwert muss objektiv messbar sein, denn nur so kann eine Beteiligung Ihres Unternehmens am produzierten Mehrwert überhaupt in Betracht kommen.

 

Über die Erwartungen der potentiellen Partner an die Pharmaindustrie und die „Fettnäpfchen“, die man vermeiden kann, wird es einen eigenen Artikel geben.

 

=> Hier geht es weiter zu Teil II

 

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Pharma und Neue Versorgungsformen: 6 Überlegungen und 6 Tipps (Teil I)

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